Kein Respekt vor Lotus Notes
2. August 2005 von Wolfgang SommergutJon Udell schwärmt von den Möglichkeiten, die ein Capability-based Security Model in Messaging-Systemen bieten könnte. Es würde im Zweifelsfall ausführbarem Code immer nur die geringsten Rechte einräumen und deshalb die Verbreitung von Viren per E-Mail eindämmen. Als konkrete Beispiele für ein differenziertes Rechtesystem, das die Ausführung von Programmen feinstufig regelt, nennt er indes kein Mail-System, sondern nur Java und .NET. Richard Schwartz nimmt das zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass Notes entsprechende Funktionen seit fast zehn Jahren bietet. In Anspielung an einen amerikanischen Komiker bezeichnet er Notes als Rodney Dangerfield der Computer-Industrie.
Dessen Witze kokettieren damit, dass ihn seine Umwelt ständig übergeht und ihn nicht für voll nimmt. Und in gewisser Weise trifft das auch auf Notes zu. Damit meine ich nicht die Heise-Trolls, die jeden Notes-Beitrag von Volker als Gegelegenheit für ihr albernen Sprüche über die IBM-Software nutzen (siehe etwa hier). Jon Udell ist als IDG-Redakteur selbst langjähriger Notes-Anwender und übersieht trotzdem das Naheliegende.
Das geht auch anderen so. Heute war ich auf einer Pressekonferenz von Novell zu Groupwise 7. Der Referent führte voller Begeisterung die neue Startseite des Groupware-Clients vor, in der sich nach dem Vorbild von Portalen alle Groupwise-Module (Mail-Eingang, Kalender, Aufgabenverwaltung) zu einer aktuellen Tagesansicht kombinieren lassen. Sie macht im Prinizip nichts anderes, als die vor Jahren mit Notes 5 eingeführte Welcome Page. Die anwesenden Journalisten waren nicht überwältigt von der Novell-Neuheit, aber keiner wies darauf hin, dass es so etwas bei IBM schon lange gibt.
Auch Microsoft konnte für Outlook 2003 Funktionen ankündigen, die Notes seit Jahren bietet und dabei den Eindruck erwecken, als betrete man damit Neuland. Das trifft etwa auf die Offline-Fähigkeiten des „Cached Mode“ zu oder die so genannten Search Folder, die sich in Notes mit Hilfe von persönlichen Ansichten schon lange realisieren ließen.
Der Grund für diese Ignoranz mag darin liegen, dass Notes bis heute eine sperrige Software geblieben ist. Sie hält an ihren eigenwilligen Bedienkonzepten fest und wirkt auf jene, die Microsoft-Produkte gewohnt sind, nicht besonders ansprechend. Nicht zuletzt verbaut die eigenwillige Philosophie von Notes vielen Nutzern den Zugang zu den Funktionen, die oft Jahre später bei der Konkurrenz als neu angekündigt werden.
Kategorie: Messaging und Collaboration 2 Kommentare »
Lass mir meine Heise-Trolls. ;-)
Jedem sein Troll ;)
> Der Grund für diese Ignoranz mag darin liegen, dass Notes bis heute eine sperrige Software geblieben ist.
Denke ich auch. Als vergleichsweise junger Hüpfer hab ich schon eine Menge UIs und Bedienungskonzepte gesehen, aber selten so unansprechende wie die von Notes. Mag ja sein, dass man damit tolle Sachen machen kann und das einzelne Bedienungsonzepte besser sind als die von MS/Apple/whatever. Nur solange die einfach seltsam unfertig und unrund aussehen… Und das würde ich nicht auf MS vs. Lotus reduzieren, sondern generell meinen wollen.