Zehn Vorschläge für bessere E-Mail

26. Oktober 2005 von Wolfgang Sommergut

Scott Dietzen, ehemaliger CTO von BEA und nun in gleicher Position bei Zimbra, hat ein White Paper (PDF) über die Zukunft von E-Mail verfasst. Er schlägt zehn Punkte vor, die helfen sollen, bestehende Schwächen des Mediums zu überwinden.

Einige Punkte sind nicht neu und schon öfter angeregt worden. Dazu zählt etwa die Forderung (5) nach besserer Integration von Mail mit anderen Groupware-Funktionen wie Kalender und Kontaktliste. Der Wunsch nach sich selbst organisierenden Postfächern (1) geht über das hinaus, was die marktführenden Systeme beim Mail-Management in den letzten Jahren erreicht haben. Allerdings richtet sich Dietzens Kritik primär gegen die Organisation von Mails in tief verschachtelten Ordnerstrukturen. Und in dieser Hinsicht ist schon viel mehr passiert, als er uns glauben machen möchte. Das zeigt nicht nur das Paradebeispiel GMail, wo Ordner durch Verschlagwortung und Volltextsuche ersetzt wurden. Auch Notes und Outlook bieten mit Suchordnern, Thread-Ansichten oder Markierungen („Flags“) – etwa für die Wiedervorlage – eine Reihe zusätzlicher Mechanismen, um Mails zu verwalten.

In mehreren Punkten, etwa (4), (6), (7) und (9) fordert Dietzen, dass Mail-Systeme solche Funktionen bieten, die heute von DMS beziehungsweise ECM-Anbietern zugekauft werden müssen. Er nennt diese Branche nicht explizit, aber mit welchen Mitteln heute Mails archiviert oder Aufbewahrungsfristen definiert werden, ist ja kein Geheimnis. Die Vision von sich selbst organisierenden Konversationen bleibt in einigen Punkten hinter dem zurück, was elektronische Akten in einigen DMS schon heute leisten – allerdings bieten die nicht nur den passenden Mail-Kontext für eine neue Nachricht, sondern auch erfasste Papierdokumente. Insgesamt sehe ich bei keinem der großen Hersteller – allen voran IBM und Microsoft – einen Trend, derartige Zusatzfunktionen in die Messaging-System einzubauen.

Auch bei einem modischen Postulat ist Dietzen etwas spät dran. Der Wunsch, Mails per RSS abzurufen, ist bei GMail längst Realität und in der Notes-Community auch schon diskutiert worden. Und die Idee, Public Folders als Wikis zu implementieren, läuft zumindest bei den beiden Großen ins Leere: Bei Notes gibt es in der Mail-Datenbank solche öffentlichen Ablagen für Dokumente nicht, und Microsoft ist gerade dabei, sie aus Exchange zu entfernen.

In vielerlei Hinsicht sieht die Dietzen-Vision für die Zukunft von E-Mail aus wie ein Brainstorming für die Roadmap von Zimbra. Ganz offensichtlich ist das bei Punkt (2), dem als Trademark geschützten Active Messaging. Dieses erinnert mich stark an Microsofts Smart Tags.

Kategorie: Messaging und Collaboration Ein Kommentar »

Eine Antwort zu “Zehn Vorschläge für bessere E-Mail”

  1. Peter Fisch sagt:

    Nutzt jemand ClearContext (http://www.clearcontext.com/)? Das Demo sieht beeindruckend aus.