Social Software bei der IBM

28. Januar 2006 von Wolfgang Sommergut

Auf der Lotusphere richtete die IBM ein „Innovation Lab“ ein, in sich einige Forschungsprojekte dem Publikum präsentierten. Bei den meisten ging es um Collaboration-Anwendungen. Auffällig war, wie stark neuere Trends im Web von großen IT-Firmen wie die IBM aufgenommen wurden. Dazu zählen RSS, Tagging oder Ajax. Hier ein paar Projekte, die ich mir angesehen habe.

Dogear: Es handelt sich dabei um einen Social-Bookmark-Manager nach dem Vorbild von del.icio.us, allerdings für die firmeninterne Nutzung. Im Gegensatz zum Online-Dienst kann die IBM-Software beliebig große Exzerpte ins Beschreibungsfeld aufnehmen und dort auch Grafiken speichern. Auch die Suchfunktion ist besser als jene von del.icio.us. Zusätzlich bindet eine Erweiterung des Suchfeldes in Firefox deren Ergebnisse in Resultate einer Google-Suche ein. Da sich die Anwender mit dem Benutzernamen anmelden, den sie im Firmennetz auch sonst verwenden, lassen sich ihre Interessensprofile auswerten und Expertise im Unternehmen lokalisieren. Auf einfache Weise leistet Dogear damit in gewissem Rahmen, was ursprünglich dem Discovery Server zugedacht war. Bis dato fehlt aber noch die Integration von Instant Messaging, das bei KM-Tool für die Kontaktaufnahme mit Experten diente. Die in Java geschriebene Software wird in der IBM schon von vielen Mitarbeitern genutzt.

QEDWiki: Es handelt sich dabei um ein so genanntes Application Wiki. Es wurde in PHP entwickelt, was angesichts der Java-Dominanz bei der IBM überrascht. Sein Zweck besteht weniger im kollaborativen Verfassen von Texten, sondern in der Erstellung von Anwendungen. Diese folgen bei QEDWiki dem Vorbild von Portalen, wobei die einzelnen Fragmente in Wiki-Syntax definiert werden. Dabei geht es allerdings nicht um die Programmierung von Portlets, sondern um das Zusammenstellen so genannter Mashups. Somit lassen sich alle möglichen Web-Anwendungen, die ein XML-API bieten, unter einer Portaloberfläche zusammenführen. Diese Synthese beschränkt sich nicht auf die visuelle Integration, vielmehr können die Komponenten untereinander interagieren. Eine typische Demonstration bestand darin, Adressinformationen in einem Ausschnitt des Fensters automatisch an das benachbarte Google Maps weiterzureichen, wo der betreffende Ort dann angezeigt wurde. Parallel dazu blendete ein Wetterdienst seine Prognose für die betreffende Region ein. Die PHP-Anwendung implementiert mithin einen Informationsbus ähnlich wie große Portale und erlaubt das Erstellen von composite Apps auf Basis von Web-APIs.

LiveBook: Die Entwickler aus den IBM-Labs beschreiben dieses Tool mit „Real-time Content Collaboration“. Es erlaubt mehreren Benutzern, Dokumente gleichzeitig zu bearbeiten. Es handelt sich dabei aber nicht um ein Application Sharing, wie man es etwa aus Webkonferenzen kennt. Vielmehr arbeitet jeder Teilnehmer mit seiner eigenen Software auf derselben Dokumentinstanz. Das funktioniert entweder über einen Server oder Peer-to-Peer. LiveBook unterstützt Text im Open Document Format, HTML und Formulare aus IBMs Workplace, die auf XForms beruhen. Speicherkonflikte werden vermieden, indem es bei einer solchen Realtime-Anwendung keine traditionelle Speicherfunktion mehr gibt, sondern jede Eingabe von Text sofort in das Dokument geschrieben wird. Außerdem macht sich LiveBook die Baumstruktur dieser Dateifomate zunutze, sodass die Gefahr von konkurrierenden Aktivitäten ohnehin nur innerhalb eines Knotens besteht. Als Editoren kommen unter die in Workplace integrierten in Frage, bei denen es sich um eine angepasste Variante von Open Office handelt. Es wäre natürlich eine sehr interessante Erweiterung für die freien Büroanwendungen, wenn die IBM den Code von LiveBook an das Open-Source-Projekt geben würde.

Das Innovation Lab führte noch eine Reihe weiterer Anwendungen vor, die ich nicht ansehen konnte, weil mir die Zeit fehlte (die primär für das Brot- und Buttergeschäft draufging) oder der Präsentator gerade nicht da war. Ein Tool, das ich mir gerne hätte zeigenlassen, ist „FeedMe“. Es handelt sich dabei um einen RSS/Atom-Aggregator, der Feeds aus unterschiedlichen Anwendungen zusammenführt und diese nach bestimmten Regeln und Vorhersagemodellen filtert. Sehr interessant klingt auch die Beschreibung von Bloom, das anhand der Beiträge und Diskussionen die Dynamik in Open-Source-Projekten visualisieren kann.

Kategorie: Messaging und Collaboration, RSS, Weblogs und Wikis Kommentare deaktiviert für Social Software bei der IBM

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