Deutsche Ingenieurskunst, überholtes Konzept
27. Februar 2007 von Wolfgang SommergutDie atoolo GmbH entwickelte nach eigenem Bekunden den Schreibtisch der Zukunft
. Es handelt sich dabei um einen Desktop, der als Ajax-Anwendung im Browser läuft. Ein Fenstersystem nach dem Muster der Windows-GUI mit Javascript zu programmieren, finde ich eine beeindruckende Leistung. Gleichzeitig liegt m. E. darin das größte Manko des Online-Tools.
Auf den ersten Blick liegt es natürlich nahe, den Anwendern solche Software zu geben, die sich bedienen lässt wie jene, die sie schon kennen:
Die neue Plattform ähnelt dem Desktop eines PCs – und das nicht zufällig. Die gewohnte Benutzeroberfläche ermöglicht auch dem PC- und Internet-Laien einen schnellen Einstieg. Mit einem einfachen Klick im Startmenü werden die atoolo-Programme wie gewohnt gestartet.
Wenn man sich die interessanten Web-2.0-Dienste ansieht, dann fällt auf, dass diese gerade nicht versuchen, die Microsoft-Welt nachzubilden. Vielmehr orientieren sie sich in ihrer Bedienung am Web. Das gilt für die Google Apps genauso wie für die zahlreichen Online-Organizer, Bookmark-Services oder Social-Network-Sites. Anwendungen, die aussehen wie Web-Seiten stellen auch für wenig geübte Nutzer kein großes Hindernis dar, sie sind in der Regel einfach zu handhaben und aus der täglichen Web-Praxis vertraut. Damit erzeugte Daten lassen sich als Lesezeichen speichern oder aus anderen Web-Seiten verlinken. Die Anwendungen können in den meisten Fällen über Web-APIs mit anderen Applikationen zu Mashups zusammenfügt werden.
Die Windows-Metaphorik mit Startmenü, Ordnerstrukturen und System-Tray ist hingegen überholt. Auf mich wirkt der atoolo-Desktop wie ein Silo für Tools und Daten. Während die meisten Services, die unter der Bezeichnung „Office 2.0“ firmieren, die Möglichkeit bieten, Dokumente im Team zu bearbeiten, kann ich derartige Funktionen bei „atoolo write“ nicht finden.
Alles deutet darauf hin, dass das Web den Desktop der Zukunft bestimmt und nicht der altbekannte Desktop das Web prägen wird. Schade, dass mit Web-2.0-Technik und beeindruckender Programmierleistung ein Konzept von gestern realisiert wurde.
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