Deutschland macht keine gute Figur bei Technologie-Startups
28. November 2007 von Wolfgang SommergutDie Unternehmensberatung Deloitte hat eine Liste der 500 am schnellsten wachsenden Technologiefirmen aus Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (EMEA) zusammengestellt. Dieses Technology Fast 500 EMEA Ranking beruht nicht auf Umfragen, sondern auf Umsatzzahlen beziehungsweise deren Steigerung. Auf den ersten drei Plätzen landen Firmen aus Isreal, das insgesamt 45 Unternehmen unter den besten 500 platzieren kann. Damit liegt das Land mit seinen rund sieben Millionen Einwohnern nur einen Platz hinter Deutschland, das 47 Unternehmen in der Liste unterbringen konnte.
Israel ist nicht das einzige kleine Land, das vorne mitspielt. Vor Deutschland rangieren Schweden (50) und Holland (61). Die Liste wird angeführt von Großbritannien und Frankreich. Deutschland als größte Wirtschaftsmacht im EMEA-Raum und nach Russland das bevölkerungsreichste Land (sieht man von den afrikanischen Staaten ab, die keine Rolle spielen), erreicht knapp mehr als die Hälfte des Spitzenreiters.
Deloitte begnügt sich mit der Veröffentlichung der Liste und versucht das Abschneiden der einzelnen Länder nicht zu erklären. Es fällt aber auf, dass sich die kleineren Länder mit guten Bildungssystemen überdurchschnittlich gut schlagen. Deutschland erhält als Standort für Technologie-Startups auch von anderer Seite keine gute Bewertung: In einem CNet-Beitrag zeigt sich der Vertreter eines Venture-Kapital-Unternehmens begeistert über die Möglichkeiten in Russland, hält aber wenig von D-Land:
If you had asked me about Germany, I would have said ’no,‘ said Eldad Tamir, co-founder of Tamir Fishman, a well-connected Israeli venture capital firm. „But in Russia, I’ve found an incredible desire, as well as a very large pool of well-trained people.
Kategorie: Firmenstrategien 2 Kommentare »
Ich bin ja auch ein Kritiker unseres derzeitigen Bildungssystems. Aber die Ursache für das „schlechte Abschneiden“ in diesem Ländervergleich suche ich dann doch zunächst einmal woanders. Man könnte zum Beipsiel mal schauen, welche Unternehmen denn von der derzeitigen Forschungs- und Wirtschaftsförderung am meisten profitieren und wie es mit der (staatlichen) Akzeptanz von „Gründer-Kulturen“ aussieht.
Was meiner Meinung auch noch wesentlich mit reinspielt ist die große Distanz der deutschen Hochschulen zu einem Unternehmertum.
„am schnellsten wachsende Technologiefirmen“ – was ist eigentlich ein solches Unternehmen?
Ein von Venture-capital finanziertes und nach Versiegen der Geldquellen in die Pleite segelndes start-up, ein organisch aus eigener Kraft wachsendes Unternehmen, ein von öffentlichen Fördergeldern hochgepushtes Kleinunternehmen, ein zusammengekauftes Wachstum oder was? Die grassierende Vergleicheritis kommt immer wieder zu falschen Ergebnissen.
Halten wir fest: Deutschland ist Exportweltmeister. Das deutsche Zeug – insbesondere Investitionsgüter – ist gefragt, weil es seit Jahren unschlagbar gut, technisch ausgereift, ist.
Nun stellt sich die Frage, wo dieser technologische Fortschritt stattfindet. Die Antwort: nicht nur in start-ups, nicht nur in Großunternehmen wie Siemens, sondern auch in Myriaden mittelständischer Unternehmen, die sich stark spezialisieren und in ihrem Spezialgebiet dann auf einmal auf dem Weltmarkt mit Hightech Spitze sind.
Das alles ist nicht spektakulär, wird nicht groß publiziert, fällt nicht auf bei Vergleicheritis-Studien und ist dennoch eine weltweit einmalige Erfolgsstory auf solidem technologischen Fundament.
Mein Fazit: Man sollte sich keine Sorgen machen über ein paar fehlende Start-ups oder fehlende „Gründer-Kulturen“ in Deutschland. Die Musik spielt woanders!