Geschäftliche Aspekte bei RSS

13. März 2004 von Wolfgang Sommergut

Wenn eine neue Technologie im Web Fuß fasst oder gar zum Hype wird, dann sinnen ein paar findige Köpfe immer nach passenden Geschäftsideen. Im Fall von RSS gibt es schon ein paar Dienste, die sich darauf spezialisiert haben. Zu den bekanntesten zählen die Suchmaschine Feedster oder der Blogosphere-Spider Technorati. Ob daraus ein tragfähiges Business werden kann, muss sich erst zeigen. Für das Geschäft der werbefinanzierten Publikationen könnte RSS indes bald eine wesentliche Rolle spielen.

Was für Blogs eigentlich der Normalfall ist, kommt bei einer großen kommerziellen Publikationen fast einer Revolution gleich: Bei der amerikanischen Infoworld wurde in den letzten Wochen erstmals ein RSS-Feed auf Dauer öfter abgefufen als die Homepage. Nachdem seit einiger Zeit auch in Deutschland mehrere große Verlage ihre Inhalte über RSS syndizieren, sollte dieser Fall auch hierzulande bald eintreten.
Offenbar haben sich die meisten Verlagshäuser entschlossen, RSS-Feeds einzurichten, weil eine zunehmende Zahl an Lesern dies wünscht. Mit zunehmendem Hype um RSS mag es auch dem Image dienen, das Syndication-Format anzubieten. Eine geschäftliche Perspektive verknüpfen die meisten Verleger mit RSS derzeit offenbar nicht.
Beim Business mit werbefinanzierten Inhalten wird die steigende Popularität von RSS aber Konsequenzen haben. RSS-Feeds können dann nicht mehr als belanglose Dreingabe behandelt werden, sondern repräsentieren einen wachsenden Anteil in der Website-Statistik. Die Anzeigenkunden begnügen sich allerdings nicht mit der Auswertung der Logfiles durch den Content-Anbieter, sondern ziehen zur Feststellung der Reichweiten die IVW-Zahlen heran. Diese Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern gewinnt ihre Daten entweder durch eine Hardwarelösung (IVW-Box, die vor den Web-Server geschaltet wird) oder das so genannte IVW-Pixel, das in jede zu messende HTML-Seite eingebunden wird. Dieser Messpixel dürfte weiter verbreitet sein als die IVW-Box – mit der Folge, dass dort der Abruf von RSS-Dateien überhaupt nicht registriert wird.
Aber selbst wenn Verlage die genauen Zugriffszahlen für ihre RSS-Feeds kennen und die IVW diese ebenfalls erfassen würde, hätten sie für die Werbewirtschaft keine Bedeutung. RSS-Aggregatoren verhalten sich nämlich wie Roboter (vergleichbar mit den Spidern einer Suchmaschine) und nicht wie menschliche Benutzer. Sie laden RSS-Dateien automatisch nach vordefinierten Intervallen und lassen daher keine Rückschlüsse auf das Leseverhalten des Nutzers zu.
Wenn aber wie im Fall der Infoworld die Abrufzahlen für die RSS-Dateien jene der Homepage übertreffen, dann wird es Zeit, sich um die geschäftliche Seite von RSS zu kümmern. Und da schlummert erhebliches Potenzial, denn bei den Nutzern des RSS-Feeds handelt es sich um Abonnenten. Heute kennt der Betreiber einer Online-Publikation die Bezieher seines Newsletters, aber die Zahl seiner Stammleser bleibt ihm verborgen. Es läge natürlich nahe, alle IP-Adressen aufzusummieren, unter der eine RSS-Datei abgerufen wurde, und man käme auf die Zahl der Abonnenten. Die Auswertung von IP-Adressen hilft aber nicht weiter, denn diese ändern sich bei den Kunden der großen ISPs ja laufend. Aber denkbar wären andere Verfahren, die den Konsumenten eines RSS-Feeds über eine ID erkennbar machen. Tim Bray hat sich über mögliche technische Lösungen dafür schon vor einem Jahr den Kopf zerbrochen. Aufwändig wären die alle nicht, der Wert für die Verlage wäre aber enorm. Im Vorteil wären jene Publikationen, die erst jetzt auf den RSS-Zug aufspringen und noch kaum Abonnenten haben. Sie müssten nicht darauf warten, bis die Hersteller von RSS-Aggregatoren entsprechende Funktionen einbauen. Vielmehr könnten sie die URL zu einer RSS-Datei mit einem Parameter versehen, der einen eindeutigen Wert enthält, etwa nach dem Muster http://www.tbray.org/ongoing/ongoing.rss?r=398751293598.

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