Journalistisches Ethos gegenüber Suchmaschinen

30. August 2005 von Wolfgang Sommergut

Es gehört zu den journalistischen Prinzipien, Anzeigen klar und deutlich auszuweisen und von redaktionellen Inhalten abzugrenzen (auch wenn immer wieder dagegen verstoßen wird). Bei Web-Publikationen reicht dieser Grundsatz offenbar nicht aus, wie die Kritik von Phil Ringnalda zeigt. Anzeigenkunden bezahlen dort nämlich nicht nur dafür, dass Leser ihre Botschaft wahrnehmen oder einen Banner anklicken. Vielmehr kann der vornehmliche Zweck einer Anzeige auch darin bestehen, die Website der betreffenden Firma im Ranking der Suchmaschinen zu verbessern. Für den menschliche Besucher ist eine solche Anzeige klar als Werbung erkennbar und der Autor bzw. Verleger hält sich formal an journalistische Prinzipien. Aber die Werbung richtet sich gar nicht primär an Leser, sondern an die Robots der Suchmaschinen. In der windigen Stellungnahme von O’Reilly fordert deshalb ein Kommentator, dass jede Website auch gegenüber Suchmaschinen zwischen redaktionellen Beiträgen und Werbung unterschieden soll. Das adäquate Mittel dafür ist das Attribut rel="nofollow". Aber wieviele Anzeigen werden in der Praxis so markiert?

Kategorie: Suchmaschinen 5 Kommentare »

5 Antworten zu “Journalistisches Ethos gegenüber Suchmaschinen”

  1. Karl Holzapfel sagt:

    Wie steht es eigentlich mit diesen großen journalistischen Prinzipien für Leute, die bei einer Computerzeitschrift arbeiten, die hauptsächlich von den Firmen finanziert wird, über die sie wöchentlich berichtet?

  2. Fotis Jannidis sagt:

    Ich bin mir nicht sicher, daß die Stellungnahme von Tim O’Reilly wirklich so ‚windig‘ ist. Für den Verlag ist der Verkauf von Webanzeigen doch ein alltäglicher Vorgang. Der Umstand, daß Webanzeigen (wie alle Inhalte in HTML) nicht als solche ausgezeichnet werden können, ist ja nicht die Schuld des Verlags. Das in der Diskussion vorgeschlagene Attribut rel=“nofollow“ ist nun wirklich noch relativ wenig in Verwendung.
    Ich habe eher den Eindruck, daß man O’Reily hier mit einer neuen Technik über den Löffel balbiert hat.
    Den Kommentar von Herrn Holzapfel kann ich nur so verstehen, daß er WS vorwirft auch von Anzeigen zu leben. Das ist nur in Deutschland verwerflich. Der Rest der Welt findet Anzeigen ok, wenn man sie als solche erkennt – und darum ging es wohl in dem Blogbeitrag auch.

  3. Wenn man so subversive Fragen stellt, kann man das offenbar nur unter Angabe einer ungültigen Mail-Adresse tun (und der Name ist wohl auch erfunden).

  4. Karl Holzapfel sagt:

    Herr Jannidis, da haben Sie mich falsch verstanden. Stellen Sie sich vor, der Spiegel würde hauptsächlich von den Anzeigen der politischen Parteien leben. Würden Sie das dann noch als seriösen Journalismus bezeichnen? Also ich nicht. Der O’Reily-Fall ist dagegen ja harmlos. Wer im Glaushaus sitzt, sollte halt nicht mit Steinen werfen.
    Herr Sommergut, soll das eine Ausrede sein? Oder wissen Sie keine Anwort auf meine Frage?

  5. Volker Weber sagt:

    Herr Holzapfel, kommen Sie mal mit einer ernstzunehmenden Mailadresse rüber, dann werden Sie vielleicht auch ernst genommen.