Microsofts erfolgreicher Open-Source-WiX

9. April 2004 von Wolfgang Sommergut

Anfang der Woche hat Microsoft erstmals ein Tool namens WiX unter einer Open-Source-Lizenz publiziert. Das sagt nichts über die zukünftige Geschäftspolitik der Firma aus, dafür aber viel über jene, die darüber geschrieben haben. Die enorme Resonanz auf eine derart unbedeutende Software belegt, wie sehr das Thema freie Software noch immer mit irrationalen Vorstellungen verbunden ist.

Für die meisten Medien sind solche Nachrichten ein gefundenes Fressen, die Kombination aus „Microsoft“ und „Open Source“ in der Titelzeile ist Garant für viele Klicks. Bei Blogs oder Community-Sites wie Slashdot schwingt oft zusätzlich die Vorstellung mit, Microsoft habe endlich den „rechten“ Weg in Richtung freier Software eingeschlagen. Da stellt sich natürlich die Frage, welcher Aspekt von Open Source solche Erwartungen beflügelt. Hier ein paar Punkte zur Auswahl:

  1. Es ist ein Verfahren zur Software-Entwicklung
  2. Es repräsentiert ein Geschäftsmodell
  3. Es ist moralisch überlegen

Mein Tipp lautet auf 3). Es sind die Begründungen von der Sorte, wie sie Richard Stallman seit langem vorbringt und die m.E. bereits vor einigen Jahren von Bertrand Meyer eindrucksvoll widerlegt wurden. Sie sind der Antrieb für Eiferer. Wäre man nur überzeugt, dass das quelloffene Entwicklungsmodell besser ist als das geschlossene – und dafür spricht ja einiges – würde man das Phänomen WiX nüchterner betrachten. Man sähe darin nicht gleich Anzeichen für die Konvertierung von Microsoft zu Open Source oder einen Sündenfall.

Für die rational kalkulierenden Milliardäre aus Redmond entscheidet indes Punkt 2). Ob Open Source überhaupt ein tragfähiges Geschäftsmodell ist, steht immer noch nicht so recht fest. Als wesentliche Einnahmequelle werden dabei Dienstleistungen genannt. Aber dabei ist eines sicher: Ein solches Service-orientiertes Business-Modell skaliert nicht annähernd so gut wie das Lizenzgeschäft von Bill Gates. Zuwächse sind dort nur linear: Mehr Umsatz kann nur durch mehr Arbeitsleistung erreicht werden.

Anders beim Verkauf der Lizenzen: Die meisten Kosten fallen für die Entwicklung an, die Vervielfältigung auf CDs oder gar in Download-Verzeichnisse kostet praktisch nichts. Ob 100, 1000 oder eine Million Kopien – der Kapitaleinsatz bleibt daher weitgehend derselbe. Besitzt man wie Microsoft einen Massenmarkt, kommt das einer Lizenz zum Gelddrucken gleich. Und solange dieses Modell erfolgreich funktioniert, wird Bill Gates garantiert nicht auf Open Source einschwenken. Im Fall von WiX kommt hinzu, dass das Tool nicht wirklich aus dem Hause Microsoft stammt, sondern der Freizeitaktivtät von ein paar Mitarbeitern entspringt:

Now, let’s talk about why WiX was released as Open Source. First, working on WiX has never been a part of my job description or review goals. I work on the project in my free time. Second, WiX is a very developer oriented project and thus providing source code access increases the pool of available developers. Today, there are five core developers (Robert, K, Reid, and Derek, thank you!) regularly working on WiX in their free time with another ten submitting fixes occasionally.

Eines hat das freie Tool aber erreicht: Das Image von Microsoft wurde dank der vermeintlichen moralischen Werte von Open Source aufpoliert. Wäre ich für Microsofts PR zuständig, würde ich als nächstes die Speichern-Funktion von Notepad unter der LGPL freigeben.

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