Oracle hat keine Angst vor MySQL
16. April 2004 von Wolfgang SommergutMit der gestern angekündigten Software lassen sich MySQL-Datenbanken nun auch im Cluster betreiben – und schon wird wieder gerätselt, wie lange denn MySQL noch brauchen würde, um Oracle aus dem Geschäft zu drängen. Das eigentliche Rätsel besteht für mich aber darin, wie es der kleinen schwedische Firma regelmäßig gelingt, eine solche Resonanz in den Medien zu erzeugen. Oracles Datenbank-Guru Ken Jacobs sieht keine Gefahr in MySQL – und wenn, dann würde er sie wohl kaum eingestehen. Aber seine Argumente leuchten ein.
Die Leute von von MySQL AB schaffen es nicht nur, allen möglichen Journalisten die Geschichte von David und Goliath im DB-Markt schmackhaft zu machen, sondern glauben offenbar selbst daran, mit Oracle in der gleichen Liga zu spielen. Warum sollten sie sonst Feature-Vergleiche mit allen großen Playern publizieren?
In Zusammenhang mit der ambitionierten Selbstdarstellung von MySQL fallen mir spontan ein paar Punkte ein, die eigentlich mehr Zurückhaltung erwarten ließen:
- Mit der Version 5.0, die vermutlich erst im nächsten Jahr fertig wird, führt MySQL Stored Procedures ein, Trigger kommen erst mit der 5.1 dazu. Das konnte die etablierte Konkurrenz schon vor zehn Jahren.
- Views sind ebenfalls erst für MySQL 5.1 geplant.
- Die verschiedenen Storage-Engines, die aus jeweils eigenen Quellen stammen, haben einen unterschiedlichen Funktionsumfang. Wer ACID-kompatible Transaktionen braucht, nimmt InnoDB, wer Volltextsuche benötigt, greift zu MyISAM. Für den Anwender bietet sich da ein inkonsistentes Bild. Seit einiger Zeit kommt noch die separate, von SAP stammende Datenbank MaxDB dazu. Um da eine Linie hineinzukriegen, dürfte es noch etwas dauern.
- MySQL ist kein richtiges Open-Source-Projekt, das auf eine große Gemeinde freier Programmierer zurückgreift. Die Entwicklung erfolgt fast ausschließlich in der schwedischen Firma mit ihren vergleichsweise beschränkten Ressourcen (zumindest verglichen mit Oracle oder IBM).
- MySQL wird stets als Open-Source-Datenbank tituliert. Im Unternehmenseinsatz wäre sie das in vielen Fällen aber nicht. Sobald sie von einer Anwendung genutzt wird, die nicht der GPL unterliegt, fallen Lizenzgebühren an:
If you distribute a proprietary application in any way, and you are not licensing and distributing your source code under GPL, you need to purchase a commercial license of MySQL.
Und das gilt für typische kaufmännische oder vertikale Applikationen fast immer.
Wäre man MySQL übel gesonnen, könnte man es als kleines schwedisches Softwarehaus bezeichnen, das eine technisch rückständige Datenbank anbietet, sich mit Open-Source-Federn schmückt und ein erfolgreiches Guerrilla-Marketing betreibt.
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