Oracle kauft den Open-Source-Markt leer
15. Februar 2006 von Wolfgang SommergutDie Gründe für die große Einkaufstour (Sleepycat, Jboss) von Oracle sind nicht auf Anhieb ersichtlich. Einige Interpretationen laufen darauf hinaus, dass Oracle die Technolgie dieser Firmen benötigt, um bestimmte Nischenmärkte zu besetzen. Meines Erachtens hat Larry Ellison andere Motive.
Oracle gehörte zwar zu den ersten großen IT-Firmen, die Linux unterstützten. Ansonsten hat die Firma mit freier Software nicht allzu viel am Hut, weil sie ihr Geld vor allem mit Lizenzen verdient. Der größte Teil davon entfällt auf die Datenbank. Trotz aller Dementis empfindet Oracle MySQL als Störenfried, der die Preise verdirbt. Vor einem halben Jahr kaufte Larry Ellison die skandinavische Firma InnoDB. Sie liefert für MySQL eine Storage-Engine, die sich für die Transaktionsverarbeitung eignet – also für ein Einsatzgebiet, das Oracle dominiert. InnoDB erfüllt Anforderungen, die Unternehmen beispielsweise für kaufmännische Software stellen.
MySQL selbst unterstützt nur Tabellen vom Typ MyIsam. Salopp formuliert handelt es sich dabei um eine aufgebohrtes Dateisystem mit SQL-Schnittstelle. Es eignet sich gut für Anwendungen, bei denen die Lesezugriffe überwiegen und die nicht erfordern, dass beim Fehlschlagen einer Operation eine gesamte Transaktion zurückgenommen wird. Mit dem Kauf von InnoDB erlangte Oracle die Kontrolle über die Komponente, die MySQL für den Einsatz in Unternehmen häufig benötigt. Neil McAllister beschrieb damals in seinem Beitrag sehr schlüssig, welchen Nutzen der Kauf für Oracle brachte: Zugriff auf die Support-Datenbank von InnoDB, die Aufschluss darüber gibt, welche Kunden MySQL für anspruchsvolle Aufgaben einsetzen. Und einen genauen Überblick darüber, wieviele Lizenzen MySQL tatsächlich verkauft.
Im Rahmen seines modularen Konzepts hatte MySQL noch eine weitere Option für eine transaktionsfeste Storage-Engine. Sie spielte hinter InnoDB die zweite Geige und gewann nun an Bedeutung. Sie stammte von – richtig, Sleepycat. Und die hat Oracle jetzt auch kassiert. Auch wenn Oracle weder InnoDB noch Sleepycat schließt oder die Verträge mit MySQL kündigt, so müssen die Schweden nun zusehen, dass sie die Lücke selbst stopfen. Das dürfte den Zeitplan und die Produktstrategie der Firma vorerst etwas durcheinanderbringen.
Und Jboss? Gibt Oracle mehrere hundert Millionen Dollar für eine Firma aus, die gängige Java-Middleware herstellt – lauter Produkte, die Oracle selbst im Portfolio hat? Auch das finde ich unwahrscheinlich. Jboss war schon länger der Hecht im Java-Karpfenteich. Die Entscheidung von Sun, seine gesamte Server-Software als Open Source freizugeben, wurde m.E. nicht unwesentlich durch den Erfolg von Jboss beeinflusst. Gegen die aggressive Open-Source-Konkurrenz machte Sun kaum einen Stich, und die anderen Anbieter wie Bea und Oracle dürften sie auch zu spüren bekommen. Kürzlich schloss Hewlett-Packard ein Vertriebsabkommen mit Jboss, die der freien Software den Zutriit zu großen Firmen noch weiter erleichtern wird. Neben den Apache-Produkten trägt Jboss damit zur ökonomischen Entwertung einer ganzen Softwarekategorie bei – und zwar einer, mit der Oracle Geld verdienen will. Daher glaube ich, dass es Larry Ellison auch in diesem Fall primär darum geht, Jboss aus dem Verkehr zu ziehen und an die Kunden des Unternehmens zu gelangen.
Update: CNet berichtet, dass Oracle auch MySQL kaufen wollte.
Kategorie: Firmenstrategien, Open Source 2 Kommentare »
Bist Du nicht ein wenig voreilig? Noch hat Oracle nur Sleepycat gekauft. Das ander (JBoss und Zend) sind bisher doch nur Gerüchte :-). Gruss aus SF. Matthew
Zend hat offiziell dementiert, dass sie mit Oracle in Verhandlungen stehen. Jboss hat sich bis dato nicht zu den Übernahmegrüchten geäußert, aber Larry Ellison hat zumindest seine Kaufabsicht kundgetan (siehe http://open.itworld.com/5034/060213ellisonjboss). Mag sein, dass der Deal am Preis scheitert. Und die Begründung, dass Oracle damit Entwickler an die Firma binden will, halte ich für nicht besonders glaubwürdig.
PING:
TITLE: Open Source: Will Oracle sich Konkurrenz vom Hals schaffen?
BLOG NAME: Das CIO Weblog
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