Verwerfungen im Markt für Java-Tools

23. Januar 2004 von Wolfgang Sommergut

Eine Reihe von Meldungen deuten in letzter Zeit darauf hin, dass im Java-Lager der Machtkampf um die Vorherrschaft bei Integrierten Entwicklungsumgebungen (IDEs) voll entbrannt ist. Dabei scheinen sich zwei große Allianzen herauszubilden: Die eine schart sich um Eclipse, der Open-Source-Initiative, die von IBM ins Leben gerufen wurde. Die andere fand sich offenbar vor zwei Wochen – angeführt von Sun und Oracle – in der Java Tools Community zusammen. Angesichts dieser Konstellation kommt Novells Ankündigung auf Liuxworld besondere Bedeutung zu.

Während der IBM es mit Eclipse gelungen ist, die Unterstützung zahlreicher Firmen zu gewinnen, scheint Sun mit seiner eigenen Open-Source-IDE Netbeans in Hintertreffen zu geraten. Schon vor etwa zwei Jahre gab es daher Spekulationen darüber, dass die beiden Projekte zusammengeführt werden könnten. Offenbar hat Eclipse.org letztes Jahr Sun angeboten, der Community beizutreten, was die Company nach ein paar Monaten Bedenkzeit Ende 2003 aber ablehnte.

Da sich die großen IDEs (auch jene von Borland und Oracle) als Framework verstehen, deren Funktionalität über Plug-ins von Drittanbietern erweitert werden soll, spielt das entsprechende API eine große Rolle beim Kampf um Marktpositionen. IDEs mit geringer Verbreitung haben wenig Aussicht darauf, dass Entwickler von Plug-ins ihre Software für sie anpassen.

Ein erklärtes Ziel der Javatools.org besteht deshalb darin, „die Interoperabilität zwischen Tools verschiedener Hersteller“ zu gewährleisten. Dem Gremium gehören u.a. BEA Systems, Compuware, Oracle, SAP, SAS and Sun Microsystems an. Die Marktführer IBM (Eclipse) und Borland (Jbuilder) gehören ihm aber nicht an. Man könnte daraus schließen, dass sie aufgrund ihrer großen Unterstützung durch Drittanbieter keinen großen Bedarf an einem solchen Standard sehen. Gleichzeitig nehmen beide Hersteller aber am JSR 198 teil, der von Javatools.org beim Java Community Process eingerichtet wurde und der ein solches einheitliches API zum Ziel hat. Die Überlappung zwischen den verschiedenen Koalitionen betreffen auch andere Anbieter, etwa die SAP. Sie ist sowohl Mitglied bei Eclipse als auch Javatools und beteiligt sich an der Arbeitsgruppe für JSR 198.

Ein gemeinsamer Plug-in-Standard für Java-IDEs würde vor allem den weniger starken Anbietern helfen. Derartige Erweiterungen ließen sich dann in allen Umgebungen nutzen, wodurch der Vorsprung der Marktführer bei der Zahl verfügbarer Plug-ins egalisiert würde. Ob das die Konsolidierung des Marktes für Java-IDEs aufhalten kann, darf aber bezweifelt werden. Der Beitritt von Novell stärkt jedenfalls Eclipse noch weiter. Überraschend kam er aber nicht, da bereits die SuSE AG der Eclipse.org angehörte.

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