Vor- und Nachteile von Drupal als Weblog-System
18. Juli 2005 von Wolfgang SommergutDrupal ist ein Web-CMS auf Basis von PHP und MySQL (bzw. PostgeSQL), das der GPL unterliegt. Es gehört zu den populärsten freien Systemen und unterstützt seit einiger Zeit neben verschiedenen anderen Content-Typen auch Blogs. Nachdem mein Weblog auf einer schon etwas angestaubten Version von Movable Type läuft, ziehe ich Drupal als Alternative in Erwägung. Man kann zwar einwenden, ein voll ausgebautes CMS für ein Blog sei wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Aber es gibt zum einen prominente Drupal-Nutzer in der Blogosphere wie Dan Gillmores Bayosphere. Zum anderen böte mir die praktische Nutzung von Drupal in einem „echten“ Projekt die beste Möglichkeit, mich mit einem der bekanntesten freien CMSe auseinanderzusetzen. Nach einigen Stunden Beschäftigung mit Drupal sehe ich in seinem Einsatz als Blog-Software folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile:
- Zu den offensichtlichsten Vorzügen gehört der große Funktionsumfang eines ausgewachsenen CMS. Der kommt einem auch dann zugute, wenn man mit dem System nur ein Blog betreiben möchte. Denn auch dieses Modul profitiert von Features, die Bestandteil des Frameworks sind. Das gilt etwa für die rollenbasierte Rechtevergabe, die Versionierung der Inhalte oder die aus dem Forum-Modul stammende Anzeige von Diskusionen in einer Baumstruktur („threaded discussion“).
- Trotz des größeren Umfangs von Drupal im Vergleich zu reiner Blog-Software fällt die Installation nicht wesentlich schwerer. Nach Einrichtung der Datenbank und Anpassung einer einfachen Konfigurationsdatei kann man die meisten Adminstrationsaufgaben in einer Web-Oberfläche erledigen.
- Wenn man neben seinem Blog vielleicht noch andere Content-Typen publizieren möchte, etwa statische Seiten, Foren oder Online-Artikel („Stories“), dann kann man das mit Drupal gleich tun und muss keine separate Software installieren. Von der Community gibt es zudem noch Module für Buchbesprechungen, Comics, Gästebücher oder Projektverwaltung. Flexinode erlaubt zudem die Definition beliebiger (einfacher) Typen durch den Benutzer. Die Wiki-Unterstützung wird ihren Namen allerdings nicht gerecht.
- Die sehr aktive Community entwickelte neben Erweiterungen für neue Content-Typen eine Vielzahl von Extensionen, die Drupal für viele Aufgaben empfehlen. Ihre Installation fällt i. A. sehr einfach: Das gezippte tar-Archiv wird im Verzeichnis modules entpackt, anschließend taucht das Modul in der Administrationsoberfläche auf und kann dort konfiguriert werden.
- Im Gegensatz zu älteren MT-Versionen bietet Drupal die Möglichkeit, WYSIWYG-Editoren einzubinden (die ich persönlich aber nicht brauche, weil ich keine Angst vor ein bisschen Markup habe ;-). Zur Auswahl stehen Htmlarea und FCKedit.
- Ansonsten haben mir noch folgende systemweit verfügbaren Funktionen gut gefallen:
- Mit dem Sticky-Attribut können Beiträge dauerhaft auf der Homepage verankert werden.
- URL-Aliases erlauben die beliebige Zuweisung von Pfaden zu einzelnen Einträgen oder bestimmten Content-Typen.
- Beschreibung der Inhalte durch vielfältige Metadaten: Mehrstufige Taxonomien, Kategorien oder Folksonomies.
- Drupal wurde in verschiedenen Sprachen lokalisiert, unter anderem auch in Deutsch.
- Eingebautes Statistikmodul und die Möglichkeit für Abstimmungen („Polls“).
Nachteile: Der große Funktionsreichtum und die daraus resultierende Komplexität sind auch die größte Hürde bei der Einrichtung eines Drupal-basierten Weblogs. Hier ein paar Beispiele:
- Auch wenn Drupal den Content-Typ Blog-Posting kennt, ist das System nach der Installation längst keine betriebsbereite Weblog-Software wie MT oder WordPress. So müssen einige Funktionen erst über separate Module nachgerüstet werden, etwa Trackbacks (inklusive manueller Erweiterung des Datenbankschemas) oder die Erzeugung von „sprechenden“ URLs, die den Titel des Postings enthalten (via Pathauto). Das Gleiche gilt für Uploads, die erst nach der Installation einer entsprechenden Extension möglich sind. Wer sein Blog nicht unter der standardmäßigen URL vom Typ http://meine.site.de/blog/1 finden will, muss ein URL-Alias definieren.
- Der größte Brocken für Umsteiger von anderen Blog-Systemen ist m. E. das Drupal-Konzept für Themes. Die zahlreichen Grundsatzdiskussionen in den Foren zeigen, dass die Community damit selbst nicht zufrieden ist. Themes bestehen wie bei anderen Systemen auch aus Templates und CSS-Stylesheets. Allerdings gibt es für Drupal mehrere Template-Engines, die völlig verschiedene Schablonen für Webseiten verarbeiten. Die zwei wichtigsten Engines sind XTemplate und PHPTemplate. Die Erstellung von beiden Template-Typen erfordert zumindest grundlegende PHP-Kenntnisse. Verglichen mit der Fülle an Template-Tags, die MT bietet, sind die Möglichkeiten der entsprechenden Drupal-Variablen eher ärmlich. Das liegt zum Teil daran, dass das Layout maßgeblich über das Admin-Interface gesteuert wird.
- Die Eigenarten von Drupal-Themes verlangen einige Klimmzüge, um ein gewohntes Blog-Layout umzusetzen. So geht Drupal standardmäßig davon aus, dass alle Seiten auf dem gleichen Template basieren. Bei meinem Blog ist das der Fall, aber viele Sites stellen etwa die Einzelbeiträge anders dar als die Homepage. Wenn man das bei Drupal will, dann kostet das einige Anstrengungen.
Ungewohnt für Anwender alternativer Blog-Software ist das Fehlen der üblichen Struktur für Postings, die sich in Entry Body, Extended Entry und Excerpt unterteilt. In Drupal kann man einstellen, dass die ersten x Zeichen automatisch als Teaser herangezogen werden, oder man nutzt die Anweisung <!– break –>, um einen Seitenumbruch einzufügen. Alternativ gibt es noch ein Zusatzmodul namens Excerpt, das die getrennte Eingabe eines Abstracts vorsieht.
Angesichts der enormen Komplexität eines ausgewachsenen Web-CMS frage ich mich, ob das Konzept einer integrierten Anwendung für allzu viele Sites sinnvoll ist. In den meisten Fällen dürfte man mit einem „Best of Breed“ besser fahren, indem man eine spezialisierte Software für Blogs und Wikis installiert. Man hat dann zwar keine übergreifende Benutzer- und Rechteverwaltung, sowie separate Layouts/Templates. Aber der Lernaufwand dürfte immer noch geringer sein als für eine eierlegende Wollmilchsau wie Drupal. Ich habe mit noch nicht entschieden, ob ich auf dieses CMS umsteigen werde. Aber wenn ich daran denke, dass es mir bisher noch nicht gelungen ist, unter einer normalen Benutzerkennung bestehende Blog-Inhalte zu editieren, dann muss ich noch viel Zeit in dieses System investieren, bis ich damit mein Blog betreiben kann.
Kategorie: Content-Management, Open Source, Weblogs und Wikis 17 Kommentare »
Ohne dich gleich den nächsten Baum rauf jagen zu wollen, schau Dir mal noch zwei andere System an: Textpattern (damit habe ich mittlerweile schon einige Websites gebaut) und Mambo.
hehe – ein nachteil wäre hier: http://www.heise.de/newsticker/meldung/61767
Danke für die sehr schöne Besprechung von Drupal.
Ich hatte es mir selbst vor einem halben Jahr einmal angeschaut und was mich gleich am meisten störte, war die seltsame Schriftdarstellung, die irgendwie dreckig aussieht, auch auf der Webseite von Drupal selbst.
So weit wie du bin ich nicht gekommen, fand das CMS aber grundsätzlich sehr interessant und mit vielen nützlichen Plugins erweiterbar.
Falls es zum Einsatz kommt, wäre es interessant mehr davon zu hören.
Da ich aus der TYPO3 Community komme war das mal ganz nett zu lesen mit welchen Schwierigkeiten andere Systeme kämpfen. Für TYPO3 arbeite ich zur Zeit an einer Blog Extension, vielleicht ist das ja auch interessant…
obwohl ich die Bedenken teilweise teile, insbesondere die unzureichenden Dokumentation, bin ich mit drupal doch recht zufrieden.
Danke Wolfgang für den anschaulichen Bericht über Drupal. In Anbetracht der Nachteile werde ich einen Test des Systems wahrscheinlich noch weiter nach hinten in meiner Prioritäten-Liste schieben.
Da Empfehlungen immer schwer sind, muss man sicher immer wieder selbst entscheiden, welche Kriterien für die Auswahl eines Systems die Entscheidung bestimmen. Plädiere einfach mal für gute Beiträge, denn davon haben die Leser am meisten.
Drücke Dir die Daumen für Deine Entscheidung. :))
@André, Jörg: Noch habe ich mich nicht festgelegt, wollte erst noch einen Blick auf WordPress und Mambo werfen. Weitere Erfahrungsberichte in Sachen Drupal u.a. folgen …
@akpe: Wenn ich Drupal irgendwann so gut angepasst habe wie Sie, dann bin ich auch zufrieden :-)
Sehr guter Artikel! Stimme (fast) allem zu.
Wenn WP und Mambo die einzigen Konkurrenten zu Drupal sind, bei ihrer Suche nach Alternativen zu MT, dann bin ich mir ziemlich sicher, das sie doch wieder bei Drupal landen. M.M. wäre es auch eine sehr gute Wahl!
Wenn man auch ein klein wenig Handarbeit bei der Installation von Plugins u.ä. nicht scheut, kann ich Nucleus (http://nucleuscms.org) sehr empfehlen.
Grundsätzlich sehr einfach zu installieren, allerdings müssen einige Funktionen auch durch Plugins nachgereicht werden (Trackbacks z.B.), aber die wichtigsten Plugins sind sehr einfach zu installieren. Nucleus ist kein volles CMS, sondern schon recht Blog spezifisch.
In einem der letzten Linux Magazine war übrigens mal ein Überblick über Blogsysteme und da war Nucleus der geheime Sieger… ;-)
Ich bin nicht ganz sicher, aber gibt es MT mittlerweile nicht auch nur noch als Kaufversion? Wenn mehrere Systeme zur Disposition stehen und auch Kaufversionen dabei sind, könnte ich Ihnen auch Webedition empfehlen.
Es ist sehr einfach in der Installation und man kann es ohne Probleme wie ein Blog nutzen. Natürlich sind noch wesentlich mehr nette Features drin. Ich verwende es z.B. auf http://www.hundesalon.org. Die News und zusätzlich Einträge aus dem Kleinanzeigenmarkt werden auf der index- Seite per Teaser eingeblendet. Ob man den Eintragenden HTML gestattet oder nicht, ist sicher Ansichtssache. Zur Zeit habe ich es abgestellt.
Nette Zusammenfassung. Ich stand vor etwa derselben Entscheidung und habe mich für Flux-CMS (www.flux-cms.org) entschieden. Habs noch nie bereut.
Drupal habe ich mir angeschaut. Ich fand es auf den ersten Blick super. Das Problem was ich auf den zweiten Blick hatte, war schlicht und ergreifend nach der Installation von diversen Plugins den Überblick zu behalten. Zudem finde ich die Admin-Oberfläche im Backend überhaupt nicht Benutzerfreudlich gestaltet. Das System verliert hier einfach seinen Reiz.
Was ich echt bei Drupal vermisse ist ein vernünftige Doku für Administratoren pro Modul. Das ist echt ein Problem. Zudem würde ich der Drupal Community raten Pakete zu veröffentlichen. Ich meine damit so etwas wie SUSE für Drupal, wo ein System mit Plugins pro Anwedungsbereich zu Downloaden ist, mit einer Beschreibung. Die kann auch interaktiv sein, wie man es Anfangs bei Typo3 gemacht hat. Oder so etwas: „Lass uns ein System installieren und Konfigurieren“. Hier muss dann noch nicht mal ein Paket zusammengestellt werden. So etwas wie Best Practices Berichte mit Anleitung.
Das Konzept ist technisch 1a und verdammt schnell. Massive schwächen sehe ich hier für Neueinsteiger. Die raffen erst einmal garnichts. Hier muss was getan werden.
auch wenn ich etwas spät dran bin, mein Tip: Als „Single“-Blogsystem bei Drupal *nicht* das Blog-Modul nehmen, das ist m.E. primär für mehrere Blogs einer Community. Die *normalen* „Story-Nodes“ alleine funktionieren bestens als Blog, dann klappt es auch mit dem Editieren!
Kommentar+Trackback+Spamfilter-Module einstellen, das ist wichtig.
Ich empfehle Drupal uneingeschränkt – allerdings ist anfangs (und evtl. bei manchen Updates) etwas PHP oder HTML angemessen (zumindest etwas Konfig-Edit), oder man findet jemanden der hilft. Dafür ist der Code aber gut strukturiert und stabil, so daß dies wiederum Spaß machen kann. Und sowas zu lernen kann ja auch nicht schaden …
hallo,
hier kann man auch drupal in deutsch runterladen, in kürze mehr :)
http://www.drupal.de
gruß
Ich bin gerade über Bitweaver (www.bitweaver.org) gestolpert, dass ich vor dem Einsatz von Drupal testen werde. Mich reizt daran die Kombination von Blog und Wiki. Mich würde interessieren, ob jemand anderes schon mal damit Erfahrungen gemacht hat. Vielleicht nicht mit Bitweaver, dann mit TikiWiki, von dem das System abstammt.
Hi Wolfgang,
Drupal kommt standardmässig schlank daher. Erweiterungen mit Modulen sind, im Gegensatz zu anderen Systemen, ohne weiteres möglich. Dies ist meines Erachtens kein harter Nachteil. Im Gegenteil. Mann kann das CMS nach eigenen Wünschen aufbauen ohne überflüssiges löschen zu müssen.
Drupal ist ein CMS, kein Blog. Hohe Berücksichtigung von Blog-Themes ist nicht gegeben. Im übrigen ist das Theme-System weit besser und offener aufgebaut als bei manchen Blogs (WordPress).
Eingabe speziell für Blogger? Warum? Ich brauche Drupal für Websites. Eingabe in „Entry“ und „Body“ wird nicht benötigt. Aber dafür gibt es ja auch ein Modul.
Fazit. Eigentlich keine wichtigen Nachteile. Die Vorteile überwiegen.
Gruss Mike
Züchter-Trainer-Dressierer des Spitzenschäferhund-Mechanismus und Show-Hunde seit 1978
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TITLE: Die Suche nach einem CMS
BLOG NAME: Stephan Lamprechts Notizen
Der Herr Lamprecht sucht nach einem neuen CMS…
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TITLE: Drupal als Weblog-System
BLOG NAME: EDV
Wolfgang Sommergut hat sich Drupal unter den Gesichtspunkt angeschaut, ob es als Basis für ein Weblog-System taugt und dabei seine Vor- und Nachteile herausgearbeitet.
Ich kann ihm im grossen und ganzen Zustimmen, sehe Drupal aber nicht als sooo komplizi
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TITLE: Kurztest: Drupal als Weblog-System
BLOG NAME: Der Schockwellenreiter
Da nach Mambo und Typo3 nun Drupal als letztes CMS auf meiner Testliste steht, klingt dies interessant…
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TITLE: Vor- und Nachteile von Drupal als Weblog-System
BLOG NAME: http://www.petersheim.de
Wolfgang Sommergut hat sich einige gut nachvollziehbare Gedanken über dem möglichen Einsatz von drupal als Weblog-System gemacht und die Vor- und Nachteile aufgelist
Drupal ist ein Web- CMS auf Basis von PHP und MySQL (bzw.
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TITLE: drupal-Erfahrungsbericht
BLOG NAME: Dagbok
Wolfgang Sommergut hat einen ausfuehrlichen Artikel zu drupal geschrieben. Dazu von mir ein paar Anmerkungen aus der Praxis.
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TITLE: CMS Lösungen mit DRUPAL
BLOG NAME: STNetwork.de — IT Blog
Drupal ist ein modulares Open Source Content Management System , mit dem sich effizient Inhalte für kommerzielle Internetpräsenzen als auch private Homepage oder Community Portal sowie Weblogs und auch Intranet Umgebungen mit geringem Aufwand realis