Wiki = bezahlte Blogger + Passport + Copyright
15. August 2005 von Wolfgang SommergutRoss Mayfield, CEO von Socialtext, erregt sich über MSN Filter, ein Nano-Publishing
-Projekt von Microsoft. Dessen Ausrichtung ist nicht ganz klar, aber irgendwie probiert es alles Mögliche ein bisschen aus, was derzeit im Web en vogue ist, so auch Blogs und Content-Aggregierung. Für Microsoft-Watch sieht das Vorhaben aus wie eine Kreuzung aus Blogs und Wiki, weil es neben Inhalten von (bezahlten) Autoren vor allem Beiträge der Leser integrieren will. Ross Mayfield missfällt besonders, dass Microsoft Rechte auf die dort entstehenden Texte beansprucht. Meine Prognose: Mangelnde Fairness wird die meisten Versuche scheitern lassen, Geld mit den neuen partizipatorischen Medien zu verdienen.
Charles Surowiecki referiert in seinem Business-Bestseller „The Wisdom of Crowds“ ein sozialpsychologisches Experiment mit dem Namen Ultimatum Game. Es definiert eine einfache Spielregel: Zwei zufällig ausgewählte Probanden erhalten 10 Dollar. Einer der beiden darf bestimmen, wie sie das Geld untereinander aufteilen. Ist die zweite Testperson mit der vorgeschlagenen Aufteilung einverstanden, dann erhält jeder den vereinbarten Betrag. Lehnt der zweite Proband hingegen den Verteilungsschlüssel ab, gehen beide leer aus. Tests mit einer großen Zahl an Versuchspersonen in verschiedenen Kulturen kamen immer wieder zum Ergebnis, dass Teilnehmer eine unfaire Verteilung („low ball offers“) durchwegs zurückweisen und lieber auf ihren Anteil verzichten, als das unfaire Verhalten des Spielpartners zu tolerieren. In Indonesien repräsentierte die Spielsumme mehrere Tageslöhne – trotzdem wiesen die meisten Probanden unverschämte Angebote zurück.
Wenn das Ultimatum Game eine allgemeine Vorstellung von gelungener Kooperation widerspiegelt, dann bedarf es großen Fingerspitzengefühls bei der geschäftlichen Verwertung von freien Arbeitsleistungen. Blog-Hoster, die (semi-)professionelle Autoren anwerben und für ein bisschen Technik den Großteil der Werbeeinnahmen kassieren möchten, haben vermutlich wenig Erfolgsaussichten. Und das Gleiche gilt auch für MSN Filter.
Siehe auch: Microsoft kopiert das Wikipedia-Modell
Kategorie: Weblogs und Wikis Ein Kommentar »
Solche Spiele sind immer wieder interessant. Und da gibt es eine ganze Menge Theorie und Anwendung dazu.
PING:
TITLE: Scheitert Microsoft mit MSN Filter aufgrund von mangelender Fairness?
BLOG NAME: cyDome
Wolfgang Sommergut vertritt die Auffassung, dass MSN Filter und Unternehmungen, die mit ähnlichen Konzepten arbeiten, nur geringe Aussicht auf Erfolg haben. Als Grund nennt er die mangelnde Fairness, die solchen Modellen häufig zugrunde liegt. Ich g…