Das Microsoft-Ethos

20. November 2005 von Wolfgang Sommergut

Unlängst diskutierte ich nach einer Pressekonferenz mit einem Microsoftie über das Image seiner Firma. Mein Hinweis, dass sich Microsoft nie besonders um ethische Maßstäbe gekümmert habe und auftrete wie ein Monopolist mit schlechten Manieren, konterte mein Gesprächspartner mit zwei durchaus üblichen Argumenten. Zum einen seien harte Bandagen in der freien Marktwirtschaft nicht unüblich, weil man sich sonst nicht gegen die Konkurrenz behaupten könne. Und der Ausgang des Kartellverfahrens habe ja belegt, dass Microsoft nichts Illegales getan habe. Zum anderen sei das Unternehmen heute viel offener als früher und versuche nicht mehr, Kunden durch undokumentierte und proprietäre Technologien auf Produkte aus Redmond festzunageln.

Vor dem Hintergrund dieses Gesprächs fand ich eine der letzten Kolumnen von Robert X. Cringely besonders interessant. Er geht dort auf die angeblich internen Memos von Bill Gates und Ray Ozzie ein, die nach Microsofts Darstellung durch undichte Stellen an die Öffentlichkeit gelangt seien. Cringely glaubt nicht an die Version der ungewollt publizierten Informationen und nimmt sie zum Anlass, über Microsofts ethische Maßstäbe zu reflektieren:

Microsoft historically has never cared about the public perception of their company. Their huge legal bills show the company’s willingness to push the boundaries of ethical behavior, and maybe legal behavior too. Microsoft’s corporate culture is different than most companies. They are not practiced at making the „right and fair“ decision, then making it happen. Most companies find a way to balance profit and be a good citizen. Not Microsoft.

Kategorie: Firmenstrategien 5 Kommentare »

5 Antworten zu “Das Microsoft-Ethos”

  1. Cem Basman sagt:

    MS ist sicher nicht mehr das Unternehmen wie in den späten 70ern oder 80ern. In Deutschland haben wir MS eher in den 90ern erlebt. Von der damaligen Truppe ist fast keiner mehr übriggebleiben. Der Corps-Geist und der Esprit ist mit ihnen verschwunden. Ja, das hat zwar zunächst nichts mit MS Ethik aus Redmond zu tun (Verträge), aber das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter vor Ort war entscheidend für die Erfolge in den lokalen Märkten und für das Verhältnis MS, Partner und (industrieller) Endkunde. Das ist jetzt nur noch Geschichte. Das existiert so nicht mehr.
    Interessant für mich heute ist, ob das Hype-Cool-Unternehmen Google eine ähnliche Entwicklung in Ethik durchmachen wird … Schaunmermal.

  2. Hat der Kollege von Microsoft ein anderes Kartellverfahren beobachtet als der Rest? Microsoft wurde sowohl in den USA als auch in Europa (Revision anhaengig) fuer schuldig befunden Kartellverstoesse begangen zu haben.
    Lediglich die Auflagen sind etwas zahnlos, was aber nichts am Schuldspruch aendert.
    :-) stw

  3. Henning Heinz sagt:

    Aufgrund der Auflagen kann man leider tatsächlich fast von einem Freispruch reden.
    Seine Methoden hat der Konzern in der Tat geändert. Man pumpt einfach, wie bei der X-Box oder Windows Mobile bereits geschehen, soviele Dollar in den Markt bis der Konkurrenz einfach die Luft ausgeht.
    Dabei spielt es auch gar keine Rolle das der Konzern dabei eine hohe Fehlerquote an den Tag legt, denn die Budgets sind fast unerschöpflich.
    Was ich an dieser Methode noch viel schlimmer finde ist, daß in der Außendarstellung Microsoft seit Jahren auf der Verliererstraße fährt, obwohl zeitgleich ganze Märkte erobert werden und die Konkurrenz auf der Stelle tritt oder ganz die Segel streicht.
    Google ist hier sicherlich eine Ausnahme aber auch hier bin ich gespannt in welche Bereiche das viele Geld investiert wird.

  4. Letztendlich ist die Firma über- und die Produktpalette unterbewertet.

  5. Axel sagt:

    Microsoft sagt eben ehrlich wie ihre subjektive Weltsicht ist. In Worten mag das vielleicht für einige Deutsche polythisch incorrekt klingen :-)
    Hinsichtlich der Taten, spended Bill Gates eine Menge Geld für humanitäre Aufgaben.
    Ist mir ehrlichgesagt lieber als IBM, von denen eine Mitarbeiter sich als verweisswie aufgeklärte „Gutmenschen“ geben. In Wirklichkeit sind beides einfach Wirtschaftsunternehmen, die überleben wollen.