Ungereimtheiten auf der Search Engine Strategies

3. April 2006 von Wolfgang Sommergut

Letzte Woche fand in München die Konferenz Search Engine Strategies statt. Sie bot sowohl den großen amerikanischen als auch den kleineren deutschen Playern ein Forum, um sich gegenüber Online-Marketiers und SEO-Dienstleistern zu präsentieren. In den Podiumsdiskussionen gaben die Firmenvertreter aber manches Erstaunliche von sich. Das ist mir in Erinnerung geblieben:

  • Yuri Narciss von Google Deutschland kündigte härtere Zeiten für deutsche Suchmaschinen-Spammer an. Seine Firma habe nun auch hierzulande ausreichende personelle Ressourcen, um unlautere Praktiken zu verfolgen. Gleichzeitig grenzte er sich von web.de, Seekport und Neomo ab, die redaktionell in den Suchindex eingreifen. Google baue vielmehr auf einen rein algorithmischen Ansatz. Die „ausreichenden personellen Ressourcen“ klingen für mich allerdings nach manueller Intervention.
  • Narciss stellte klar, dass es eine Vertikalisierung von Google nicht geben werde. Er meinte damit, dass seine Firmen keine separaten Suchmaschinen für Branchen, also etwa Autos, Immoblien, Software, etc anbieten werde. Gleichzeitig stellt Google immer neue spezialisierte Dienste vor: Local Search, News, Bilder, Produkte (Froogle), Video, Bücher, etc. Nach meinem Verständnis sind das vertikale Suchmaschinen.
  • Stefan Fischerländer von Neomo präsentierte sich als Technologielieferant für suchen.de von T-Info. Letztere stellte sich in der Pressemappe aber als Kunde der norwegischen FAST vor. Auf Rückfrage beharrte der Neomo-Mann darauf, dass suchen.de auch seine Technik einsetzt. Die nach ihm referierende Brigitte Loechle von T-Info stellte klar, dass suchen.de FAST nutzt.
  • Auch die Telekom-Tochter verwickelte sich in Widersprüche. Sie wollte sich im Gegensatz zum Local Search der großen amerikanischen Suchmaschinen als der wahre lokale Player positionieren. Während aber Yahoo für seine lokale Suche „Das Örtliche“ der Telekom-Tochter DeTeMedien einsetzt, begnügt sich suchen.de mit bloßer Web-Indizierung (ausgenommen kleinere Datenbanken wie ein Apothekenverzeichnis). Der Spider versucht aus dem HTML-Salat deutscher Websites Adressen zu extrahieren. Dieses Verfahren sei besser als eine reine Datenbankabfrage, weil es Relevanzkriterien berücksichtigen könne. Erfolg versprechender wäre es wohl, wenn man eine Datenbank wie jene des „Örtlichen“ mit Web-Informationen verbinden würde. Vermutlich konnte jedoch Yahoo leichter an das Telefonbuch kommen als eine Telekom-Tochter.
  • Die englische Trexy.com veranstaltete mit ihrem Ziegenmaskottchen ein ulkiges PR-Spektakel. Die Firma hat keine eigene Suchmaschine, sondern verwaltet mit der „Trailblazer“-Toolbar die persönliche Suchhistorie. Diese lässt sich mit anderen teilen, so dass man sehen kann, bei welchen Seiten andere Nutzer nach Eingabe bestimmter Suchbegriffe schließlich gelandet sind. Dr. Sven Baum wurde aus dem Publikum gefragt, wie sich Trexy gegen Spam schütze (indem etwa per Script ein Trampelpfad zu einer Spam-Site ausgetreten wird). Er musste eingestehen, dass sich seine Firma darüber noch keine Gedanken gemacht hat.
  • Ask.com möchte nach der Verabschiedung von Jeeves gegenüber den großen Drei aufholen. Die Suchmaschine gehört seit einiger Zeit zum Online-Imperium IAC von Barry Diller. Dieses umfasst unter anderem den Reiseanbieter Expedia, den Vermarkter von Veranstaltungen Ticketmaster und die Partnervermittlung match.com. Wenn ein Unternehmen selbst viele Inhalte und Shops anbietet, dann befindet sie sich mit ihrer Suchmaschine in einem gewissen Interessenskonflikt. Auch wenn man relevante Ergebnisse liefern möchte, warum sollte man Konkurrenten weiter vorne auflisten? Malte Krüger von Ask Deutschland bestritt, dass seine Suchmaschine die Sites von IAC begünstige. Sein Boss Barry Diller räumte gegenüber SearchEngineWatch eine gewisse Parteilichkeit aber durchaus ein:

Sullivan asked if Ask.com would privilege „its own verticals“ on some search queries, as has been relatively common practice at Yahoo, MSN, and AOL, in particular. Diller’s long answer added up to a yes (..) Because IAC has „invested in the information,“ it would „give them that information where it advantages users,“ but ensuring that this „doesn’t give them a bad experience.“

Siehe auch:
Eindrücke von der Search Engine Strategies 2005
Mein Kurzbericht auf computerwoche.de: „Deutschland ist Spam-Land Nummer eins“

Kategorie: Suchmaschinen Kommentare deaktiviert für Ungereimtheiten auf der Search Engine Strategies

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