Warum Google Doubleclick kauft
16. April 2007 von Wolfgang SommergutNachdem am Freitag die Nachrichtenagenturen vermeldetet hatten, dass Google die Online-Werbefirma Doubleclick kaufen würde, dominierten Berichte des Typs „Google sticht Microsoft aus“ (jede größere Ankündigung von Google müssen viele Journalisten offenbar zum Duell mit Microsoft hochstilisieren). Allerdings gab es in den deutschen Medien und Weblogs seitdem nur wenige Analysen des Deals. Hier ein paar Erklärungsversuche:
- Google verfügt mittlerweile zwar über ein beachtliches Produktportfolio, aber im Wesentlichen hat es nur eine Einnahmequelle: Online-Werbung. Der von Vielen als zu teuer empfundene Kauf von Doubleclick hat deshalb strategischen Charakter, weil er Microsoft den Zugang zu diesem Geschäft verbaut (die Redmonder boten um Doubleclick mit). Für Google mag diese Tatsache 3,1 Mrd. Dollar wert sein, auch wenn Doubleclick im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 300 Mio. Dollar nur 50 Dollar Mio. Gewinn erwirtschaftete.
- Google möchte ein Komplettanbieter für verschiedene Online- und Offline-Werbeformen werden. Neben den Textanzeigen, die das Unternehmen mit Adwords dominiert, kommen mit Doubleclick so genannte Display Ads hinzu (Banner und multimediale Anzeigen). Außerdem gab Google heute bekannt, dass es mit dem großen amerikanischen Radionetzwerk Clear Channel Communications handelseinig wurde und dafür Radiowerbung verkaufen werde. Darüber hinaus drängt die Firma von Eric Schmidt in den Markt für Fernseh- und Printwerbung. Zudem übernahm Google erst kürzlich die Firma Adscape Media, um Anzeigen in Spielen zu platzieren. Wenn Google am Ziel ist, kann es der werbetreibenden Wirtschaft beliebige Kommunikationskanäle und Werbeformen aus einer Hand anbieten.
- Mit den Textanzeigen konnte Google viele neue Werbekunden erschließen, für die herkömmliche Werbeformen wie Printanzeigen oder Fernsehspots zu teuer waren. Chris Anderson nennt dieses Business nicht zufällig als Beispiel für die Long-Tail-Ökonomie. Kennzeichen dieser Werbeform sind Self Service (und damit der Wegfall vermittelnder Agenturen), Erfolgskontrolle (Cost per Click) sowie die Schaltung von Anzeigen abhängig vom Kontext (bzw. Suchbegriff). Doubleclick hingegen repräsentiert weniger den Long Tail als vielmehr die Fortune 100 auf der einen Seite und große Verlagshäuser auf den anderen. Während der Anzeigenkunde bei Adwords möglichst direkt positive Auswirkungen auf die Umsätze erwartet, dient Doubleclick mit seiner Banner-Werbung als beliebtes Instrument für Branding- und Imagekampagnen großer Firmen. Somit lässt sich der Zukauf als ideale Ergänzung für Googles bisheriges Anzeigengeschäft interpretieren.
- Google möchte die Werbebranche aufrollen, indem es die Botschaft mit geringeren Streuverlusten an das gewünschte Zielpublikum bringt („Targeting“). Adwords und Adsense beruhen auf Contextual Targeting, während sich Doubleclick bemühte, Informationen über die Vorlieben von Benutzern zu sammeln und Werbung daran anzupassen („Behavioral Targeting“). Die Frima geriet deshalb öfter ins Visier von Datenschützern. Doubleclick profitiert davon, dass es Werbemittel für viele große Websites ausliefert. Dabei kann es jedes Mal das von den eigenen Servern gesetzte und aktualisierte Cookie lesen, um zu sehen, auf welchen Sites der Besucher sich zuvor aufgehalten hat und welche Inhalte er dort abgerufen hat. Neben diesen beiden Mechanismen für zielgenaue Anzeigen plant Google auch standortabhängige Werbung nicht nur in lokaler Suche (Google Maps), sondern beispielsweise auch im Radio (siehe das Interview mit Eric Schmidt ab Minute 12:00)
- Doubleclick kündigte kürzlich sein Advertising Exchange an, einen Marktplatz, bei dem Werbetreibende direkt Anzeigenplatz buchen können. Der Verkauf erfolgt wie bei Adwords über ein Auktionsmodell, bei dem die Werbenden für die gewünschte Position bieten können. Google dürfte dieses Modell für Display Ads forcieren, um so höhere Einnahmen zu erzielen und Mittelsmänner auszuschalten.
Kategorie: Suchmaschinen Ein Kommentar »
Ah, vielen Dank, das erklärt mir vieles, also was die Motivation für den Kauf war. Schön.