Was bringt die Übernahme von Groove Networks für Microsoft?

12. März 2005 von Wolfgang Sommergut

Die Meldung, dass Microsoft Groove gekauft habe, machte auf der CeBIT schnell die Runde durch die dort versammelte IT-Branche. Nachdem die Messe recht arm an interessanten Ankündigungen war, sorgte die Groove-Übernahme für Gesprächsstoff – nicht zuletzt deshalb, weil Microsoft auf der CeBIT mit der Präsentation von Live Meeting, des Service Pack 1 für den Live Communications Server 2005 und des Office Communicator 2005 seinen Schwerpunkt auf Collaboration und Messaging legte. Wie sollte da Groove dazupassen?

Auf der Pressekonferenz zu Real Time Collaboration nannte Vice-President Gurdeep Singh Pall drei Vorteile, die sich Microsoft durch den Zukauf erwarte:

  • Mit Groove Virtual Office erhalte das Collaboration-Portfolio einen offline-fähigen Client mit ausgefeilten Synchronisierungsfunktionen.
  • Groove mache es sehr einfach, externe Teilnehmer in Teams einzubinden, ohne dafür das Active Directory bemühen zu müssen.
  • Man gewinne mit Ray Ozzie eine der großen Persönlichkeiten der Groupware-Branche. Er übernimmt zukünftig die Funktion eines CTO.

Das klingt relativ plausibel. Tatsächlich konnte Microsoft den eleganten Replikationsfunktionen von Lotus Notes bisher nicht viel entgegensetzen. Outllook beinhaltet erst seit der Version 2003 mit dem „Cached Mode“ einen brauchbaren Synchronierungsmechanismus zum Abgleich von Mail und Kalender mit Exchange. Bei den anderen Collaboration-Produkten, allen voran dem Sharepoint Portal Server und den Windows Sharepoint Services sieht es hingegen schlecht aus. Groove bietet indes schon heute eine Replikationsoption für Sharepoint, so dass sich Dokumente, die virtuelle Teams in Groove Workspaces erstellen, mit dem Portal-Server austauschen lassen. Mehrere Blog-Beiträge weisen in der Diskussion um die Groove-Übernahme darauf hin, dass Ray Ozzies Software wohl auch eine Lücke schließen sollte, die durch den Ausfall von WinFS entstand.

Auch der zweite Punkt ist interessant. Microsofts Angewohnheit, viele seiner Produkte eng an das Active Directory zu binden, erweist sich bei firmenübergreifender Kooperation als hinderlich. Während enge Geschäftspartner Vertrauensbeziehungen zwischen ihren Verzeichnissen herstellen können, kommt diese Möglichkeit bei sporadischer oder kurzfristiger Zusammenarbeit mit externen Auftragnehmern kaum in Frage. Das AD repräsentiert einen zentralistischen Ansatz, den Ludwig Nastansky seit Jahren der Notes-Strategie von IBM ankreidet. Er hofft aufgrund des Groove-Deals, dass sich die IBM wieder mehr auf die Ursprünge von Notes als Werkzeug für Arbeitsgruppen zurückbesinnt.

Auch die IBM wurde aus naheliegenden Gründen immer wieder als möglicher Käufer von Groove gehandelt. Spätestens seit der Ankündigung Workplace Client Technology wurde das aber ziemlich unwahrscheinlich. Big Blue entwickelte damit einen eigenen offline-fähigen Client, der viele Funktionen von Grooves Virtual Office beherrscht – auch wenn er kein P2P-Konzept wie Groove verfolgt. Dafür setzt die IBM mit dem Java-Client auf Multiplattform, während Groove konsequent auf seinem Nur-Windows-Kurs blieb.

In der Diskussion um die Groove-Übernahme kommen noch weitere Aspekte zur Sprache:

  • Ray Ozzie hatte im Lauf der Jahre von Investoren rund 200 Millionen Dollar aufgetrieben, 80 davon stammten von Microsoft (eine andere Quelle geht von einer noch größeren Investiton aus). Seine Firma gehörte also zu einem guten Teil schon Bill Gates, insoferne ist die Übernahme letztlich doch nicht so spektakulär.
  • Microsofts Collaboration-Angebot verteilt sich auf eine ganze Reihe unterschiedlicher Produkte, die keineswegs ein einheitliches Bild abgeben. Groove wird ein weiterer Stein in diesem unübersichtlichen Mosaik, das aus verschiedenen Architekturen und Programmiermodellen besteht.
  • Michael Sampson spekuliert darüber, wie die Integration von Groove in das Microsoft-Portfolio aussehen könnte: Funktionen wie Presence Awareness, die sich mit Live Communications Server überschneiden, werden aus Groove entfernt und durch jene des LCS ersetzt. Die Funktionen von Grooves Enterprise Management Server werden auf den SMS, den LCS und den Biztalk Server verteilt.

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