Wettbewerbsanalyse als Eigentor: Warum Notes besser ist als Exchange
26. Januar 2006 von Wolfgang SommergutAmerikanische Firmen scheuen sich nicht vor vergleichender Werbung. Dass es dabei nicht ganz objektiv zugeht, versteht sich von selbst. Deshalb erwartete ich keinen zimperlichen Umgang mit den Konkurrenten Microsoft, als die IBM auf der Lotusphere zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Collaboration in an On Demand World. Why IBM Collaboration Solutions are Superior to Microsoft“ einlud. Aber dass ein eigens für solche Zwecke eingerichtetes „Competitive Project Office“ so schlampig recherchiert und so wenig Ahnung hat, überraschte mich dann doch.
Die Wettbewerbsanalyse begann damit, dass die beiden Referenten Exchange 5.5 mit Notes/Domino 7 verglichen. Angeblich setzen 30 Prozent der Exchange-Kunden immer noch die alte Version ein und müssen sich allmählich über Alternativen Gedanken machen. Microsoft bietet für den Veteranen nämlich keinen Support mehr. Als Updates werden solche Firmen wahrscheinlich Exchange 2003 oder vielleicht Notes/Domino 7 in Erwägung ziehen. Diese beiden Systeme hätten also gegenüber gestellt werden müssen.
Der nächste schiefe Vergleich bestand darin, dass die Möglichkeit zur Entwicklung von Groupware-Anwendungen als dickes Plus von Notes/Domino verbucht wurde. Microsoft positioniert Exchange schon seit geraumer Zeit als bloßes Messaging-System, für Collaboration gibt es die „Sharepoint Services“. Man kann darüber streiten, ob die Funktionen besser ein einem Produkt zusammengefasst oder auf mehrere Server aufgeteilt werden. Aber Äpfel sollte man nicht mit Birnen vergleichen.
Es kam noch besser: Bei der Gegenüberstellung der unterstützten Clients gab es für Web-Mail zwar „Domino Web Access“, aber „Outlook Web Access“ hatten die beiden Herren „vergessen“. Anschließend lobten sie diverse Features von Notes (etwa Benutzerverwaltung anhand von Policies oder die Möglichkeit, starke Passwörter zu erzwingen). Sie gingen aber nicht auf Entsprechungen bei Exchange ein. Auf meine Nachfrage meinten sie, die gäbe es dort nicht. Im Fall der beiden genannten Funktionen trifft das aber nicht zu.
Der Knüller dieses Konkurrenzvergleichs betraf die Speichermechanismen der beiden Systeme. Notes legt für jeden Benutzer eine eigene Mail-Datenbank an, Exchange hingegen speichert alle Mails in einer Datenbank. Das sei schlechter und dieses Manko gelte auch für Oracles „Collaboration Suite“. Auf meinen Einwand, dass IBMs „Workplace Messaging“ dasselbe Konzept verwendet, meinte einer der Referenten tatsächlich: „Das Workplace-Team ist sich dieses Problems bewusst und überlegt sich Alternativen“. Ich möchte nicht wissen, wie die Kollegen auf diesen Unsinn reagiert hätten.
Microsoft ist bei der Bewertung des Wettbewerbs übrigens auch nicht besser. Vor zwei oder drei Jahren wollten sie auf der TechEd den Teilnehmern in einer ähnlichen Session vermitteln, warum Windows besser sei als Linux. In diese Veranstaltung kamen viele Zuhörer und einige davon kannten sich gut mit beiden Systemen aus. Die Microsofties gerieten mit ihrer inkompetenten und einseitigen Darstellung schnell in die Defensive und schließlich ging es vor allem um die Mängel ihrer Produkte. Die IBMer auf der Lotusphere hatten das Glück, dass nur eine Handvoll Leute ihren Ausführungen lauschten und darunter kein Exchange-Kenner war. Sonst wären sie genauso auf die Schnauze gefallen wie ihre Microsoft-Kollegen. Verdient hätten sie es.
Kategorie: Firmenstrategien, Messaging und Collaboration 4 Kommentare »
was haben die IBMler zur benutzerfreundlichkeit (und damit produktivität) von notes gesagt? auch ein minus der MS-produkte? ;-)
lass mich raten: „die Benutzerfreundlichkeit von Exchange gegenüber Notes ist aus Sicht des Endanwenders mies…“
oder: „intuitive Bedienung birgt höhere Sicherheitsrisiken…“ ;-))
jetzt weiss ich, warum Entscheidungsträger (User mal aussen vor, die interessieren niemanden) so auf MS stehen… weil sie einen Klickibunti – Fetisch haben :-))
80 gründe, warum ich klickibunti vorziehe: http://lotusnotessucks.4t.com/lnEx01.html (immer schön „next“ drücken)